Das Landgericht Köln hat eine gegen die Transparenz-Plattform FragDenStaat ergangene einstweilige Verfügung auf unseren Widerspruch hin mit Urteil vom 04.07.2019 aufgehoben (Aktenzeichen: LG Köln 14 O 86/19).
Die Plattform FragDenStaat hatte beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), einer dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zugeordneten Behörde, ein Gutachten zum Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat angefordert und stellte das Gutachten anschließend der Öffentlichkeit auf der Plattform fragdenstaat.de zur Verfügung. Gegen die Veröffentlichung erwirkte das BfR Ende März beim Landgericht Köln eine einstweilige Verbotsverfügung. Bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR wurde der Transparenzplattform dadurch verboten, das Gutachten weiter zu veröffentlichen. Angeblich sei das von Mitarbeitern der Bundesbehörde erstellte Gutachten urheberrechtlich geschützt, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den Inhalten des mit Steuermitteln erstellten Gutachtens müsse daher zurücktreten.
Über 40.000 interessierte Bürger stellten daraufhin selbst Anfragen zu dem Gutachten beim BfR. Statt das Gutachten einfach im Internet zu veröffentlichen, verschickte das BfR daraufhin an alle Anfragenden Links, unter denen das Gutachten befristet eingesehen werden konnte.
In dem Gutachten nimmt das BfR Stellung zu einer Monographie der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC). Die IARC hatte Glyphosat kurz zuvor in ihrer am 29.07.2015 veröffentlichten Monographie auf Grundlage der weltweit verfügbaren Literatur bewertet und war dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ sei.
Das Team von Thomas Rechtsanwälte legte daraufhin für FragDenStaat erfolgreich Widerspruch gegen die Verbotsverfügung des LG Köln ein. Auf den Widerspruch wurde die Verfügung nun mit Urteil vom 04.07.2019 aufgehoben.
Grund für die Aufhebung sind formale Fehler bei der Zustellung der einstweiligen Verfügung. Den BfR-Anwälten ist es nicht gelungen, eine den Anforderungen des Prozessrechts genügende Version der Verfügung wirksam zuzustellen. Und dies nicht etwa, weil die Verantwortlichen der Plattform sich durch Tricks der Zustellung zu entziehen versucht hätten. Hintergrund war ausschließlich, dass die vom BfR beauftragte Großkanzlei wiederholt eine Kombination aus mehreren Schriftstücken, nämlich aus Teilen von Kopien einer Ausfertigung der Beschlussverfügung sowie einer beglaubigten Abschrift der Beschlussverfügung, jedoch ohne Unterschriftsvermerk oder Namensnennung der Justizbeschäftigten, zugestellt hat. Dies genügt den Formerfordernissen nicht.
Die interessante Rechtsfrage, ob die Behörde trotz großen öffentlichen Interesses an den Inhalten des Gutachtens das Urheberrecht ihrer Bediensteten dafür benutzen kann, eine Veröffentlichung des Gutachtens zu verhindern, war damit vorerst nicht mehr zu klären. Dies wird in einem ebenfalls von unserer Kanzlei betreuten Hauptsacheverfahren beim Landgericht Berlin zwischen den Parteien nachgeholt werden.
Weiterführende Links:
https://fragdenstaat.de/aktionen/zensurheberrecht-2019/
https://www.lto.de//recht/kanzleien-unternehmen/k/gleiss-lutz-formfehler-zustellung-einstweilige-verfuegung-glyphosat-aufgehoben/
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/online-portal-erfolg-fuer-frag-den-staat-1.4511411
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Urheberrecht-FragDenStaat-darf-Glyphosat-Gutachten-wieder-veroeffentlichen-4464058.html